Mittwoch, 2. Dezember 2009

Eine Geschichte... Meine!

Es ist Zeit. Wie lange ist es jetzt her, dass auf dieser Seite ein richtig langer (ich meine wirklich, wirklich langer… Flug-nach-Australien-, Pazifiküberquerung-mit-dem-Floß-, 8-Stunden-Mathe-Unterricht-langer) Eintrag gepostet wurde?
LANGE! (Wer mir jetzt ohne nachzuzählen sagen kann, wie oft ich in diesem Abschnitt das Wort lange verwendet habe, darf sich als hochbegabt betrachten. Für alle anderen und mich: sechs Mal)
Also werde ich mich jetzt dran machen und einmal schreiben, wie mein Leben in den letzten Monaten verlief, was ich so tat, zu tun gedachte und jetzt tue. (Vielleicht sollte ich auch dies als Gliederung verwenden, sonst blicke irgendwann nicht einmal ich mehr durch.)


Kapitel 1. „Das Jahr 2009“ oder „Was so passiert ist…“

Das Jahr 2009 begann für mich wie für die meisten anderen Menschen auch am 1.Januar, einem Donnerstag. Ich arbeitete gerade seit einem Monat als Praktikant und Copyflipper in der PR-Abteilung eines großen Freizeitparks und hatte endlich das bekommen, was man mir an meinem ersten Arbeitstag versprochen hatte. Eine Erkältung. („Bist du in gutem gesundheitlichen Zustand?“ „Ja.“ „Haha… keine Angst, hier wird jeder krank.“) Warum dies allerdings genau zwischen den Jahren kommen musste, also in meiner sowieso arbeitsfreien Zeit konnte ich mir nicht ganz erklären. Ein großer Anfang eines vielversprechenden Jahres: mit Fieber, krank, im Bett. Wenigstens der letzte Teil hätte der Stoff sein können, aus dem Träume gemacht werden. Das wussten allerdings die anderen Rahmenbedingungen zu verhindern. Die großen Festivitäten wusste allerdings das Wetter auch den anderen zu versauen.
Raketen im Nebel sind wohl unspektakulärer als man erwarten sollte.

Raketen im Nebel. Eigentlich ein schönes Bild für einen großen Teil meines Jahres 2009. Ich wusste immer, dass etwas voranging, dass ich mich mit hoher Geschwindigkeit durch den Raum bewegte, jederzeit bereit zu explodieren und ein strahlendes Feuerwerk an den Himmel zu zaubern. Leider hatte ich in dem ganzen verdammten Nebel überhaupt keine Ahnung, ob ich mich wirklich nach oben, nach unten oder im Kreis bewegte. Aber ich war in Bewegung. Und das, so dachte ich, konnte ja schon einmal nicht schlecht sein.

So verging der Januar. Ich kopierte Presseberichte, las gefühlte 20 (wahrscheinlich mehr) Zeitungen am Tag und freute mich mächtig, wenn ich einmal einen Botengang erledigen durfte. Februar kam und ging. Ich durfte bei einer wirklich wichtigen und überhaupt nicht bescheuerten oder trivialen Veranstaltung helfen, meine Freundin und ich flogen nach Dublin und hatten eine wirklich schöne Zeit, sie von dort nach Hause und ich zurück zu neuen Aufgaben.



Und da ich gerade so am fliegen war, schmiss ich meinen Praktikumsplatz, flog nach Berlin, ein Kieselstein in die Windschutzscheibe meines Mietwagen und Steine auf Polizisten in Straßburg. Und plötzlich war auch der März Geschichte. Meine Freundin feierte dies einige Tage mit Freunden in Wien und ich war sauer, weil ich nicht dabei war (der Zeitpunkt an dem ich beschloss, dass sich Urlaub in Wien sowieso nicht lohnt). Stattdessen schrieb ich mich in Leipzig für Theologie ein und lies es dann doch sein. April und Mai waren vergangen und auf einmal zog ich um. Mir war schlicht das Geld ausgegangen und die Vermieter brauchten dringend ein zusätzliches Zimmer, also durfte ich in den Schoß meiner Familie heimkehren. Und mal ehrlich! Es gibt schlimmeres, als zuhause zu leben. Wo hat man mehr Zeit und Raum um Schandtaten zu planen. Oder Spontanurlaube.

Denn so ganz war mir das Geld wohl doch nicht ausgegangen. Also ging es für meine Freundin und mich im Juni eine Woche zum Kanu fahren nach Zentralfrankreich. Eine wunderbare, grandiose Zeit mit tollen Menschen, verrückten und grenzwertigen Erfahrungen (ehrlich: man will eigentlich keine 30km ohne Essen und am Ende auch ohne Getränke durch ein Unwetter paddeln).



Und weil wir so eine tolle Zeit hatten ging es eine Woche später mit Freundin und einem meiner größten (haha) und definitiv besten Freunde an den Lago Maggiore, Pärchenurlaub Part II so gesehen.



Solch ein Luxusleben will finanziert werden, also ging es Ende Juni, Anfang Juli zweieinhalb Wochen nach München auf Arbeitsurlaub. Eine gefühlt sehr lange Zeit, um von der Freundin und guten Freunden getrennt zu sein und deshalb war ich umso glücklicher, als sie mich zum Ende der Zeit noch besuchen kam.

Leider glaubt die Zeit nicht an Pausen oder hat Nachsicht mit Momenten des Glücks.

So kam der für mich dunkelste Monat des Jahres, ironischer weise der Monat, der meteorologisch einer der schönsten des Jahres sein sollte. An einem Freitag, dem 7. August, fuhr ich nach Frankfurt und so sehr ich mich immer über Autobahnfahrten und Besuche des Flughafen freue, so schwer fiel es mir, diesmal die Fassung darüber zu wahren, dass ich die mir wichtigste Person zu einem Flugzeug fahren sollte, dass sie über sechs Zeitzonen und viele tausend Meilen weit von mir bringen sollte.

Es wurde ein langer Monat.


Kapitel 2. „I told God about my plans and he just laughed about it“

Ja, es war irgendwie schon länger klar, dass die gemeinsame Zeit meiner Freundin und mir sehr begrenzt war. Das Wort Austauschjahr ist schon von seiner Definition her nicht wirklich flexibel. Aber wer will so etwas schon wahr haben? Man macht Pläne, für sich, für andere, man träumt, taucht ein in Welten, die so real sind, dass Hirngespinst ein viel zu netter Ausdruck des Ganzen ist. Und ich kann es leider nicht anders sagen: Long-distance relationships are a stupid idea. Romantic, but stupid.

Doch ich hatte auch sehr reale Pläne. Bereits Monate zuvor hatte ich mich in Berlin für den Studiengang „International Business Management“ beworben und glaubte irgendwie sehr fest daran einen Brief zu erhalten, in dem so etwas stehen würde wie: „Sehr geehrter Kollege, es wäre uns eine große Freude, Sie so bald wie möglich an unserer Universität lehren zu dürfen. Wir können es eigentlich gar nicht erwarten, Sie persönlich kennen zu lernen. Das wird super!“ Ich wusste, dass sie mich haben wollten und dass ich in der Metropole schlechthin studieren würde. Sie würden mich mit offenen Armen empfangen!

Taten sie aber nicht.

Während ich kurzfristig noch nach München gefahren und spontan mit einem meiner ältesten und wichtigsten Freunde nach Budapest geflogen war, hatten irgendwelche kurzsichtigen Entscheidungsträger meine glorreiche Bewerbung mit dem Bittschreiben eines Versagers verwechselt und beschlossen, dass Berlin nicht der geeignete Ort für mich sei. Die Schadenfreude über diesen dummen, kleinlichen, lächerlichen Fehler hielt leider nicht ganz so lange an, wie ich es mir gewünscht hätte, denn bei objektiver Betrachtung fiel mir auf:

Ich hatte keinen Plan B.
(„Wozu auch?“ werdet ihr jetzt fragen. „You’re the man! You’re awesome!“ Und ich würde sagen: „I KNOW!!!“)

Aber dann wiederum steht man plötzlich da und merkt: Hey! Du hast nicht wirklich eine Idee, was du mit dir anfangen willst und ganz egal, wie toll du bist (was schließlich außer Frage steht), wäre es doch gut, etwas anzufangen, was dich weiterbringt.

Und so begann ich Pläne zu schmieden. Auswandern? Als Entwicklungshelfer nach Afrika? Die Krise im Nahen Osten lösen? Den Hunger auf der Erde bekämpfen und es niemandem erzählen? Eine extraterrestrische Reise beginnen?

Doch auf einmal sprach die Stimme der Vernunft zu mir. Von unten. Ein immer gut gelaunter laufender Meter mit viel zu guten Ideen und einem ungemeinen Tatendrang meinte eines Dienstags unter dem Betreff: „Anfänge eines Schlachtplans“ „Hey! Schau dir mal das an und sag nicht gleich Nein!“ Der Zusatz „…und sag nicht gleich Nein!“ war wirklich wichtig, denn sonst hätte ich die Homepage der Uni Wien gleich wieder geschlossen (ihr erinnert euch: Meiner Meinung nach kein Ort, um dort Urlaub zu machen… aber leben?), anstatt mich direkt einzuschreiben.
Huch? Eingeschrieben? Habe ich gerade…? Oh Mann! Dann sollte ich mal ganz schnell schauen, wie ich nach… Wo liegt Wien eigentlich? Österreich? WHAT THE FUCK?!? Und günstige Flüge gibt es auch? HEY! Wer hat mich in diesen Flieger gesetzt? Was? Meine Anmeldeunterlagen? Ja, die hab ich hier. Was bin ich? WAS? WAAAAAAAAAAS?!?



Kapitel 3. „Ich. Student.“


Tja. Hier stand ich also. Wieder ein Donnerstag. Wieder der Beginn eines Jahres. Nur eine andere Welt. Eine andere Zeitrechnung. Ein anderes Leben. Der Beginn eines akademischen Jahres, meines akademischen Lebens. Hallo Universität!

Innerhalb von zwei Wochen war ich von „null Plan“ zu „total verplant“ gekommen. Plötzlich war ich einer von 76.000 Studenten. Eine Nummer. Ein Neuer. Ein Ausländer.
Und irgendwie fühlte sich das ganze ziemlich richtig an.
Innerhalb von zwei Wochen hatte ich es auf Autopilot geschaltet geschafft mich an einer der größten Universitäten Europas zu bewerben, einzuschreiben, eine falsche Matrikel Nummer zu bekommen, meine richtige zu erhalten, mich für viel zu viele Kurse anzumelden, einen Wohnheimplatz zu bekommen und umzuziehen. Und so ist es mir eine Freude folgendes bekannt zu geben.

Ladies and Gentleman! May I present: Me! Student of International Business Management at the University of Vienna. Good looking, awesome and ready to rock!


THE BEGINNING!






Nachtrag.

Mittlerweile bin ich seit zwei Monaten in der österreichischen Hauptstadt zuhause. habe ich mich an einiges gewöhnt und verstehe manches immer noch nicht. Doch ich denke das ist relativ normal. Mein Blindflug, auch Story of my Life genannt, setzt sich fort, doch glaube ich mittlerweile immer öfter ein blaues Schimmern hinter den Wolken zu erahnen, eine Richtung gefunden zu haben und manchmal spüre ich einzelne Sonnenstrahlen das Grau durchdringen. Ich habe einen Weg eingeschlagen, von dem ich hoffe, der richtige zu sein. Und das vor allem dank vieler Menschen in meiner Umgebung, die mir unglaublich wichtig sind, die eine endlose Geduld mit mir beweisen und bei denen ich weiß, dass ich mich auf sie verlassen kann. Diesen Menschen bin ich unglaublich dankbar und ich hoffe ihr wisst, dass ich euch meine, ihr mir unglaublich viel bedeutet und ich euch von Herzen liebe.

Folgendes habe ich übrigens in meiner Zeit in Wien schon erreicht:
Ich habe vier Staffeln „How I met your Mother“ und zehn(!) Staffeln „Friends“ gesehen, habe Wien erkundet, war im Kino und Theater, habe Menschen getroffen und Freunde gefunden, meinen Geburtstag und mich selbst gefeiert, manche Klausur nicht so toll und andere erstaunlich fantastisch gemeistert.

Oh! Und damit ich auch was zu erzählen habe, habe ich mir am letzten Sonntag noch den fünften Mittelfußknochen des linken Fußes gebrochen.
YEAH!

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Hallo.
Ich mochte mit Ihrer Website weareoff.blogspot.com Links tauschen